Zahnheilkunde


"Wenn ich dich geruhsam streichle, am Kopf und auf dem schlanken Rücken, so bebt die Hand mir vor Entzücken, auf dass ich dich noch mehr umschmeichle."
(Charles-Pierre Baudelaire, französischer Lyriker (1821-1867))


"80 % aller Katzen über 3 Jahre leiden an Zahnerkrankungen. Viele dieser Erkrankungen sind schmerzhaft!"

Das Problem daran: Sie als Besitzer
/-in bemerken das kaum. Katzen zeigen allenfalls subtile Schmerzsymptome wie z.B. erhöhtes Schlafbedürfnis, vermehrt Kratzen an Kopf und Kiefer, vermehrt Pfotenreiben am Maul, Kopfschiefhaltung beim Fressen, nur kleine Portionen auf einmal Fressen, vermehrtes Speicheln, Mundgeruch, Umstellen der Futterpräferenz von Feucht- zu Trockenfutter oder umgekehrt und viele mehr. Vielleicht zeigt aber Ihre Katze auch gar keines der genannten Symptome. Nur durch gründliche Anamneseerhebung und exakte Untersuchung der Maulhöhle durch einen speziell geschulten Tierarzt können diese Erkrankungen schon im Frühstadium erkannt und therapiert werden.

Und das sollten sie, denn: Viele Hinweise deuten darauf hin, dass unbehandelte Zahnprobleme eine Reihe von Folgeerkrankungen veru
rsachen oder begünstigen können, welche die Lebensdauer verkürzen und die Lebensqualität Ihrer Katze stark einschränken können: Chronische Nierenerkrankung und Herzerkrankungen sind die wichtigsten Beispiele.

"Es ist mir ein Herzensanliegen in meinem Wirkungsbereich die Zahngesundheit meiner Patienten zu verbessern, da diese zum Leidwesen der Katzen viel zu wenig Beachtung findet! Um dies zu erreichen bediene ich mich modernster Operationstechniken, schonender Narkosen - speziell für Katzen und für jeden Patienten individuell angepasst - und Zahnbefundung mittels Dentalröntgen."


Was ist nun zu tun bei Zahnerkrankungen? Fragen wir doch am besten einen Katzenpatienten:

Ich habe heute einen Termin zur Zahnprophylaxe und OP. Da ich eine Katze bin und damit eine arteigene Nahrungsaufnahmefrequenz sowie einen mit keiner anderen Haustierart vergleichbaren Stoffwechsel besitze und zudem klein bin, habe ich 3 Stunden vor dem OP-Termin noch eine kleine Portion Nassfutter (kein Trockenfutter) bekommen. Wenn ich zu lange nüchtern bleibe, wird meine Narkose unsicherer und Magensäure kann während der Narkose in meine Speiseröhre laufen (sagt der Tierarzt (und die Wissenschaft)).
Vor der OP habe ich ein wenig Angst (auch wenn das überhaupt nicht nötig ist, wenn ich dem Tierarzt glauben darf). Vielleicht kann ich mich ja noch verstecken?




Oder ich versuche es mit Tarnung, vielleicht sieht mich ja niemand?




Aber es muss sein, denn ich habe Zahnschmerzen. Auch wenn ich mir das als Katze fast nicht anmerken lasse. Das ist schließlich Katzenehre! Gut, dass der Tierarzt mir bei der Voruntersuchung gründlich ins Mäulchen geschaut hat und nicht einfach gesagt hat da wäre alles gut, nur weil ich mir nicht so gerne ins Mäulchen schauen lasse. Er hat dann irgendetwas von Zahnstein, komplizierter Zahnfraktur und Parodontitis erzählt und mit meinem Mensch einen OP-Termin ausgemacht. Der war zwar zuerst etwas skeptisch, da ich ja gefressen habe, hat aber dann schließlich zugestimmt. Gott sei Dank! Denn leider kann KEINE Zahnerkrankung von Katzen mit einer Spritze geheilt werden.




Nach meiner Voruntersuchung ob ich auch narkosefähig bin, habe ich zwei Spritzen bekommen. Ich mag das nicht, aber mit ganz feinen Nadeln kann ich das gerade noch tolerieren. Nun werde ich etwas ruhiger und schläfriger und irgendwie fühle ich mich gerade sehr gut. Ich glaube ich sollte etwas schnurren... Alles was jetzt kommt kann ich nur berichten, weil der Tierarzt vorher und nachher meinem Menschen alles genau erklärt hat. Also nicht wundern...




In Narkose brauche ich einen Venenzugang, angewärmte Infusion und eine Wärmequelle (nur ein Konvektionswärmegerät erreicht die für Katzen benötigte Wärmeübertragungskapzität), denn ich bin ja klein und diese Prozeduren können stundenlang dauern und ich darf dabei nicht auskühlen sonst kann die Narkose schwieriger werden. Außerdem werde ich intubiert, um meine Atemwege zu sichern und mir während der ganzen Prozedur Sauerstoff verabreichen zu können. Das ist gut für meine Organe (sagt der Tierarzt). Auch ein sinnvolles Monitoring ist unabdingbar: Blutdruck, zentrale Temperatur und Pulsoximetrie sind die Mindestanforderungen. Mit EKG- und Kapnographieüberwachung wird die Narkose noch sicherer. Dabei muss man darauf achten für uns Katzen geeignetes Equipment zu verwenden, denn nicht alles was aussieht wie im Krankenhaus funktioniert bei uns auch verlässlich. Ich verstehe davon zwar nichts, aber der Tierarzt hat gesagt nur eine Inhalationsnarkose oder eine perfusorgesteuerte Total Intravenöse Anaesthesie (TIVA) ist für solch eine potentiell langdauernde Prozedur geeignet. Und damit alles gut geht, kümmert sich die nette Assistentin um mich und alle Gerätschaften und schreibt auch noch alles auf. Menschen scheinen es zu lieben alles aufzuschreiben. Komisch...








Hier kommt also der Sauerstoff raus, den ich während der ganzen OP einatmen darf. Toll!





Nun muss das sterile Instrumentarium angerichtet werden. Erinnert irgendwie ans Tischdecken. Komische Angewohnheit von Menschen, man kann doch einfach aus dem Napf auf dem Boden essen... Dabei ist eine Zahnoperation keine aseptische Prozedur. Das geht ja gar nicht, da so viele Bakterien in meiner Maulhöhle wohnen. Trotzdem sollte die OP so sauber wie möglich durchgeführt werden. Dann muss ich nämlich gar keine Antibiotika einnehmen. Und das ist gut so, da ich so wenig wie möglich Tabletten schlucken will und am Ende entstehen noch resistente Bakterien... Dafür möchte ich jedenfalls nicht verantwortlich sein.




Und schon kanns losgehen: Zuerst schaut sich der Tierarzt nochmal alles an. Da hat sich einiges an Zahnstein aufgebaut. Aber ich mag eben nicht so gerne Zähneputzen... Ehrlich gesagt habe ich es noch gar nie probiert.




Nach desinfizierender Mundspühlung bekomme ich nun auch noch die Nerven betäubt, welche meinen Kiefer versorgen. Das ist ja genau wie beim Zahnarzt. Davon bekomme ich bestimmt einen pelzigen Mund. Mit einem Ultraschallscaler wird mein Zahnstein und Plaque entfernt, danach sind viel weniger Bakterien in meinem Mäulchen. Die Zahnhälse werden aber noch von Hand sauber gemacht. Das kann man ja auch erwarten, bei dem Preis. Politur gibts auch noch, leider kein Maus-Aroma, sondern Erdbeere.




Nun schaut sich der Tierarzt alles genau an und stochert mit komischen Dingern, ich glaube er nennt sie Sonden, überall an meinen Zähnen herum. Er will damit Zahnschäden und -erkrankungen ertasten.




Manches sieht man auch ohne tasten zu müssen. Das sieht aber sehr schmerzhaft aus. Oh je.




Da wir Katzen aber viele verschiedene Zahnerkrankungen haben, von welchen man manche gar nicht sieht, weil sie im Kieferknochen oder im Zahnwurzelbereich vorkommen, ist es unabdingbar die klinischen Diagnosen mittels Dentalröntgen zu präzisieren. Ohne Dentalröntgen werden bis zu 41 % der Zahnerkrankungen übersehen. Ohne Dentalröntgen, keine Katzenzahn-OP! Das wusste ich gar nicht, hat mir noch niemand gesagt.




Natürlich nur noch mit digitaler Entwicklereinheit. Das geht viel schneller und schont die Umwelt.




So schaut meine komplizierte Zahnfraktur also im Röntgen aus. Das Ausmaß hätte man doch nie für möglich gehalten ohne Röntgenbild. Da ist ja ein riesiger Zahnwurzelabszeß! Nun kann der Tierarzt seine Therapie so modifizieren, dass ich die bestmögliche Behandlung bekomme, um schnell wieder gesund zu werden.




Und das war der Unterkieferreißzahn rechts von dem Bild weiter oben. Sah schon klinisch schlimm aus, aber im Röntgen noch viel schlimmer. Gut, dass es heutzutage Dentalröntgen für uns Katzen gibt!




Hier hilft nur noch operieren. Ich habe es befürchtet. Lustig diese Brille. Die ist aber essentiell, denn Katzenzähne und vor allem deren Wurzeln sind sooo klein. Das sieht man gar nicht ohne hochwertige Operationslupe. Ohne hochwertige Operationslupe, keine Katzenzahn-OP! Auch das wusste ich gar nicht, hat mir auch noch nie jemand gesagt.





So. Schaut doch viel besser aus als vorher.




Dann kann ich ja nun aufwachen und bald wieder nach Hause. Jetzt bekomme ich noch Fluoridlack auf etwaige Schmelzschäden und ein desinfizierendes Gel wird an meine Zahnhälse appliziert. Das soll noch den letzten übriggebliebenen Plaquebakterien in sensiblen Bereichen den Garaus machen. Durch alle Maßnahmen kann meine lästige Parodontitis endlich abheilen.
Ich muss aber solange überwacht werden, bis man mich sicher extubieren kann und ich so wach bin, dass man mich wecken kann. Wir Katzen sind nämlich besonders in der Aufwachphase empfindlich, wenn sich schon gar niemand mehr um uns kümmert.

Da ich den Katzenkorb nicht mag, habe ich beschlossen heute in der Papiertüte abzureisen.




Eine Woche später muss ich dann nochmal zur Kontrolle kurz in die Praxis kommen. Da geht es mir aber schon wieder so gut, dass ich ausgiebig mit meinem Katzenminzekissen spiele. Das habe ich schon seit Jahren nicht mehr gemacht, was ja kein Wunder ist, wenn man andauernd Zahnschmerzen hat.




In Zukunft werde ich mich aber mehr um die Pflege meiner Zähne kümmern, damit ich so lange wie möglich nicht mehr zur Zahnprophylaxe muss. Zahnprophylaxe einmal im Jahr wäre optimal,
hat der Tierarzt gesagt. Dann muss man vielleicht gar nicht so viel operieren, weil wir dadurch Zahnerkrankungen vorbeugen. Und ich habe dann keine Schmerzen mehr. Mein Mensch geht schließlich sogar zwei- bis viermal im Jahr zur Zahnprophylaxe. Zähneputzen sei am besten um den Plaqueaufbau, als Wurzel vielen Übels, so lange wie möglich zu verzögern. Und wenn dieser kleine Knopf das kann, kann ich das doch auch! Wenn mir mein Mensch etwas dabei hilft...




Und weil's so schön war gleich nochmal!



Gut, dass ich nun keine Zahnschmerzen mehr habe!